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Landesmeisterschaften U 13 – Mit zitternden Knien

Was es bedeutet an einem Samstag im Mai um 5.30 Uhr aufzustehen, um in einer weit entfernten muffigen Provinzsporthalle einen Judowettkampf zu absolvieren, kannte ich noch aus meiner Kinder und Jugendzeit. Auf der Fahrt mit den Judoka der U13 und ihrem Trainer Thomas Troche zur Landesmeisterschaft erinnerte ich mich an die einprägsamen Jahre beim Dynamo Bernau. Thomas Troche und ich konnten dabei als Kinder der 80er Jahre gut lachen über die einst erschwerten Anreisen nach Brandenburg, Pasewalk oder Fürstenwalde, im Winter frierend eingehüllt in muffig riechenden Filzdecken und stundenlang tuckernd über marode Autobahnen mit dem alten Bernauer W50-Polizeimannschafts-LKW. Wir konnten diese Strapazen nur mit fröhlichem Liedgut und der Hoffnung auf eine Medaille sowie ein gutes Mittagessen überstehen.
… Was für eine Zeit ….

Gut gelaunt beim gastgebenden JV Ludwigsfelde angekommen, konnten wir uns vor Ort über das sehr gut besetzte Turnier überzeugen. Alle namhaften Brandenburger Vereine wie JC 90 Frankfurt/Oder, UJKC Potsdam, Asahi Spremberg – um nur einige zu nennen – haben Ihre Hoffnungsträger entsandt um die Früchte oft jahrelangen Trainings ernten zu können. Unsere Bernau Kämpfer, vertreten durch Paulina Katzorke (bis 33Kg), Ilja Massarskij (bis 37Kg) Mathis Lange (bis 40 Kg), Jonathan Becker (bis 40 Kg), Joshua Kaber (bis 46 Kg) sowie Fares Ayyoub (bis 50 kg), standen bereit um beim wichtigsten Turnier der U13 in diesem Jahr ihre Leistungen zeigen zu können und waren, wie erwartet, aufgeregt wie junge Hühner.

Das gut organisierte Turnier begann pünktlich nach der Eröffnungsrede durch den Vizepräsidenten Reinhard Arndt und sollte in der Tat sehr unterhaltsame und auch zäh geführte Kämpfe bieten. Sehr beeindruckt war ich dabei im Kampfverlauf, wieviel Athletik, Kampfeswille und Geschicklichkeit bereits in dieser Altersklasse bestaunt werden konnte und das viele Kämpfe vorzeitig mit Ippon Siegen beendet wurden. Und dann wurden auch schon die ersten Kämpfer des JSV Bernau ausgerufen. Es kann in diesen Augenblicken nur derjenige nachempfinden, der es auch selbst einmal miterlebt hat, was es bedeutet, einem vermeintlich stärkeren Gegner mit Herzklopfen bis zum Hals auf der Tatami gegenüberzustehen und mit zitternden Knien, klammen Fingern und trockener Kehle das erlösende Hajime vom Schiedsrichter zum Kampfbeginn herbeizusehnen. Das Lampenfieber löst sich und es schießt einem sodann Adrenalin blitzschnell durch den Körper. Auch nach vielen Jahren kann ich mich hier noch in die Haut der jungen Kämpfer hineinversetzten. Deshalb gilt die größte Hochachtung allen Judoka die sich dieser besonderen Herausforderung einmal stellen.

Der Erste war der kleine Ilja, er kämpfte sehr beherzt und versuchte seinem Kontrahenten sein Erlerntes entgegenzusetzen. Leider geriet er dabei in den letzten Sekunden der Kampfzeit mit einem Waza-ari in Rückstand und verlor den Kampf knapp. Leider gelang es ihm auch nicht in der Hoffnungsrunde ausreichende Akzente zu setzten, sodass auch dieser Kampf durch einen O-Soto-Otoshi (äußeres Beinstellen) vorzeitig verloren ging. Es ist jedoch zu erwähnen, dass Ilja aufgrund einer Krankheit 14 Tage vor dem Wettkampf nicht trainieren konnte. Aufgrund der hohen Leistungsdichte im Judo kann dies schon ein entscheidender Nachteil sein. Als der schwerste Bernauer ging nunmehr Fares an den Start und überzeigte nach nur sehr kurzer Kampfzeit durch einen sehr schönen O-Goshi (Großer Hüftwurf) mit einem verdienten Ippon. Ein guter Einstand. Es sollte jedoch nicht sein, dass sein nächster Gegner sehr viel mehr abverlangte, so dass er diesen Kampf mit einer Tate-Shiho-Katame und auch den letzten Kampf mit einem Tai-Otoshi abgeben musste. Als einziges Mädchen ging Paulina in gewohnt hoher Motivation an den Start. Sie kämpfte konzentriert gegen die starke Leni Suter vom PSV FFO, konnte jedoch dem gut angesetzten Seoi-Otoshi nicht mehr im rechten Moment entkommen. Dafür bekam ihre Gegnerin, die spätere Landesmeisterin dieser Gewichtsklasse, einen Waza-ari. Im Anschluss geriet Paulina in eine Festhalte und konnte sich nicht mehr befreien. Betrübt, jedoch nicht verzweifelt, zeigte sie schon im nächsten Kampf Ihre Stärken und konnte dabei Melissa Stoye aus Lübben erst mit einem Tai-Otoshi und letztendlich mit einer Mune-Katame vorzeitig mit Ippon besiegen. Das bedeutete für Sie die Bronzemedaille.

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Mathis, heute etwas müde und durch die Anstrengungen des Trainingslagers noch gezeichnet, fand schwer ins Turnier und musste sich bereits im ersten Kampf durch eine angesetzte Mune-Katame geschlagen geben. Deutlich konzentrierter gelang es ihm nun jedoch in der Hoffnungsrunde gegen den unbequemen Nick Atlas (Jüterbog) anzukämpfen und besiegte ihn mit 2 Waza-ari letztendlich klar mit einem Tai-Otoshi und einer angesetzten Hebeltechnik. Leider konnte er diesen Siegeswillen nicht weiter aufrechterhalten und verlor den nächsten Kampf gegen Pepe Zahl (Babelsberg) mit einer Kesa-Gatame was für ihn auch das Turnierende markierte. Von 16 Teilnehmern in dieser Gewichtsklasse konnte er dennoch einen beachtlichen 9. Platz erkämpften. Für Joshua reichte es heute hier leider nicht Akzente zu setzen, sodass er vorzeitig nach 2 Niederlagen viele Erfahrungen mitnehmen konnte und sicher Ansporn findet noch härter zu trainieren. Hohe Anerkennung für Joshua, dass er sich als jüngster Jahrgang nach nur 4 absolvierten Wettkämpfen gleich den Landesmeisten stellte. Für Jonathan war es heute ein guter Tag. Trotz des frühen Aufstehens wollte er es heute wissen und startete mit einem schnellen Sieg und konnte mit einer Mune Katame überlegen gegen Finn Mehling (Ludwigsfelde) den Kampf vorzeitig mit Ippon beenden. Auch der nächste Gegner Robert Jahnke (RSV Teltow) konnte kein Mittel gegen den Siegeswillen finden, sodass Jonathan auch diesen Kampf klar mit einem Tai-Otoshi mit Ippon vorzeitig gewinnen konnte. Im nächsten Kampf stand ihm nun sein bekannter und auch gefürchteter Widersacher Enno Ehrenreich vom (RSV Eintracht Teltow) gegenüber. Erwartungsgemäß ein physisch starker und konzentriert agierender Judoka der Jonathan schwer zu schaffen machte. Es gelang ihm jedoch sehr lange den Kampf offen zu halten und erst in den letzten Sekunden konnte er dem zähen Anstürmen des guten Technikers nicht mehr standhalten und verlor den Kampf mit einem angesetzten Hiza-Guruma und einer darauffolgenden Kesa-Gatame knapp gegen den späteren Landesmeister in dieser Gewichtsklasse. Sichtlich betrübt und physisch sehr gefordert waren die Tränen nicht zu verbergen. Nach kurzer Erholungsphase gelang es ihm jedoch im Kampf um Platz 3 noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren und besiegte seinen Gegner klar mit einem Ippon und seiner Spezialkontertechnik. Die verdiente Bronzemedaille war ihm nun sicher und alle Tränen längst getrocknet.

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Nach der Siegerehrung fuhren wir gut gelaunt im Vereinsbus nach Bernau zurück. Vielen Dank an den Trainer Thomas Troche, der es überhaupt möglich machte das die Bernauer Judokas, trotz seiner eigenen Teilnahme am Herrentrainingslager in Lindow an diesem Turnier teilnehmen zu können. Auch herzlichen Dank an den Trainer Jens Katzorke, der die Sportfreunde im Kindertrainingslager in Ruhlsdorf rechtzeitig aus den Federn holen konnte und mit Frühstück versorgt hat. … Manchmal fallen alle Termine auf einen Tag.

Ich, als judobegeisterter Vater, freue mich schon auf das nächste Turnier und lache schon jetzt über die bequeme Anreise mit dem Vereinsbus und denke gern an den tuckernden Polizei-LKW zurück, der irgendwann auch die entferntesten Wettkampforte der kleinen DDR erreicht hat.